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130617 Besuch JVK Fröndenberg

Besuch des Justizvollzugskrankenhauses Nordrhein-Westfalen

Am 17.06.2013 hat eine grüne Delegation das Justizvollzugskrankenhauses (JVK) Nordrhein-Westfalen in Fröndenberg besucht. Neben Malte Spitz, Direktkandidat von Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis Unna I, und Dagmar Hanses, justizpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen haben mehrere Mitglieder des grünen Ortsverbands Fröndenbergs an dem Besuch teilgenommen. Nach einem ausführlichen Gespräch mit dem stellvertretenden Anstaltsleiter Herr Wogesin, dem kaufmännischen Leiter Herr Weber und dem ärztlichen Leiter Dr. Wortmann hat die Gruppe an einer Führung durch die Anstalt teilgenommen.

Dazu sagt Malte Spitz: „Gerne haben wir uns intensiv mit der Situation der Anstalt auseinandergesetzt. Immerhin ist das JVK der größte Arbeitgeber in Fröndenberg und nimmt landesweit eine wichtige Rolle im Justizsystem in Nordrhein-Westfalen ein. Ausdrücklich möchte ich mich für den sehr interessanten Vormittag bedanken.“

Dagmar Hanses ergänzt: „Wir Grüne stehen für einen modernen Strafvollzug. Das Ziel des Strafvollzugs ist eine Resozialisierung und das Vermeiden von Straftaten in der Zukunft. Ich bin beeindruckt von der breiten fachlichen Aufstellung und dem persönlichen Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im JVK Fröndenberg.“

(auf dem Foto von links nach rechts: Dagmar Hanses, Stefan Weber (JVK),  Andrea Molitor, Malte Spitz, Karlheinz Wogesin (JVK), Barbara Streich, Herr Wortmann (JVK), Reimund Knoblauch)

Ein fatales Signal

Zur Schließung des griechischen Staatsrundfunks erklärt Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

„Die plötzliche Schließung des griechischen Staatsrundfunks ist ein fatales Signal an die griechische Bevölkerung. Gerade in Zeiten der Krise ist eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft umso wichtiger für das demokratische Zusammenleben. Nur eine vielseitige Medienlandschaft ist ein Garant dafür, dass Reformen begleitet und kritisch hinterfragt werden. Wir zeigen uns solidarisch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die gegen diese politische ad-hoc-Schließung demonstrieren. Es bleibt zu hoffen, dass schnell eine Lösung gefunden wird und sowohl das Parlament als auch die Beschäftigten in diese Entscheidungen mit einbezogen werden. Dieses Vorgehen, das mit den Sparvorgaben der Troika begründet wird, befördert die Kritik und Skepsis der griechischen Bevölkerung gegenüber der Europäischen Union.

Die Situation in Griechenland verdeutlicht, wie wichtig Staatsferne und finanzielle Unabhängigkeit für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind. Weder Inhalt noch Umfang öffentlich-rechtlicher Medienanstalten dürfen vom Gutdünken der Regierungen abhängig sein. Die Bundesregierung und die EU dürfen nicht nur einseitig Sparvorgaben machen, sondern müssen dabei auch berücksichtigen und einfordern, dass das nicht zu Lasten der für eine Demokratie notwendigen Grundelemente wie eine freie, kritische und vielfältige Medienlandschaft gehen darf.“

100 Tage noch bis zum grünen Wandel

Zur Bundestagswahl am 22. September 2013 treten als DirektkandidatIn für BÜNDNDIS 90/DIE GRÜNEN Marie Dazert, 20-jährige Sprecherin der Grünen Hamm, im Wahlkreis Hamm-Unna II und Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes von BÜNDNDIS 90/DIE GRÜNEN im Wahlkreis Unna I zur Wahl an.

Dazu erklärt Marie Dazert: „In 100 Tagen wird der Deutsche Bundestag neu gewählt. Wir werden diese 100 Tage nutzen und auf der Straße in Gesprächen, auf den Marktplätzen und Podien für die Teilnahme an der Bundestagswahl und das Kreuz bei den Grünen werben.

100 Tage vor der Wahl rufen wir den Bürgerinnen und Bürgern zu: Sprechen Sie uns an, auf der Straße, auf Veranstaltungen, per E-Mail oder Facebook und Twitter. Wir freuen uns darauf, Sie kennen zu lernen, und auf die Begegnungen und Diskussionen mit Ihnen!“

Malte Spitz ergänzt: „Die Spatzen pfeifen es doch von allen Dächern. Frau Merkel und ihre schwarz-gelbe Koalition haben schon lange mit dem Regieren aufgehört. Dafür bieten BÜNDNDIS 90/DIE GRÜNEN eine echte Alternative. Wer uns wählt, bekommt eine Politik mit Kompass – eine Politik zum Mitmachen, die die Menschen und nicht wirtschaftliche Interessen in den Mittelpunkt stellt.

Als Grüne setzen wir uns für eine Energiewende ohne Atom und Kohle und für echten Klima- und Umweltschutze ein. Wir streiten für eine offene und moderne Gesellschaft ohne Überwachung aber mit starken Bürgerrechten. Soziale Teilhabe rücken wir in den Fokus der Debatte, damit mehr Gerechtigkeit in unserem Land gelebt wird, braucht es das grüne Steuerkonzept.“

PraktikantIn gesucht

Der Bundesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sucht ab dem 01. August 2013 eineN PraktikantIn. Inhaltlicher Schwerpunkt der Tätigkeit sind die Themenbereiche Netzpolitik, Bürgerrechte und Europapolitik. Die Stelle ist im Büro des Bundesvorstandsmitglieds Malte Spitz angesiedelt.

Vorausgesetzt werden organisatorisches Geschick, Teamfähigkeit und Interesse an der Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Organisationen und Menschen. Zu den Aufgaben gehören neben allgemeiner Bürotätigkeit insbesondere die Unterstützung bei der Planung der Wahlkampfaktivitäten. Kenntnisse in den Bereichen Bürgerrechte, Netzpolitik und Europa sowie das Verfassen von Texten sind von Vorteil.

Beginn des Praktikums: 01. August 2013
Ende des Praktikums: 31. Oktober 2013

Ort: Berlin, Bundesgeschäftsstelle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Bruttomonatsvergütung: 350 Euro

Bewerbungen mit Lebenslauf bitte bis zum 23. Juni an buero.spitz@gruene.de.

Rückfragen beantworten wir gern per E-Mail oder unter Telefon 030-28442-151.

Medienstaatsvertrag: Netzpolitik darf nicht Ländersache werden

Ein Debattenbeitrag von Malte für Spiegel Online

Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz fordert einen Medienstaatsvertrag, der Netz- und Medienpolitik unter ein Dach bringen soll. Der Grüne Netzpolitiker Malte Spitz kritisiert den Vorschlag: Scholz wolle die politischen Entscheidungen über das Internet regionalisieren.

Die Debatte über die Aufkündigung der Netzneutralität durch die Deutsche Telekom zeigt, wie wichtig Gesetze und Regulierung auch in Zeiten des digitalen Wandels bleiben. Wäre die Netzneutralität gesetzlich festgeschrieben, könnte die Telekom nicht so vorpreschen. Umso interessanter der jüngste Vorstoß von Olaf Scholz (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg und damit einer von 16 Ministerpräsidenten, der beschreibt, wie eine solche Regulierung zukünftig organisiert und verantwortet werden sollte.

In seiner Rede zum Hamburger Mediendialog fordert er eine Neuorganisation der hiesigen Medien- und Netzpolitik. Ziel ist die Zusammenführung beider Bereiche als Länderkompetenz. Scholz sieht in einer Medienkommission der Länder, die die bisherige Rundfunkkommission ersetzen soll, den gesuchten Gral, um Konflikte zu überwinden. Er glaubt, dass in diesem „öffentlichen Forum“ die Debatten zu Datenschutz und Urheberrecht zusammengeführt werden können, dass die Kluft zwischen „Content“ und „Technology“, wie er es beschreibt, überbrückt werden kann. All dies umschreibt Scholz mit dem an sich richtigen, aber von ihm falsch definierten Begriff der Media Governance.Die Forderung von Olaf Scholz bedeutet, die politische Entscheidung bei medien- und netzpolitischen Fragen in Deutschland komplett zu regionalisieren. Abgesehen von den eindeutigen verfassungsrechtlichen Problemen dieses Vorschlags, ist es geradezu irrsinnig zu glauben, dass das im 21. Jahrhundert mit der enormen Triebkraft, die der digitale Wandel auf Gesellschaft, Wirtschaft und Demokratie global ausübt, sinnvoll ist und funktionieren würde. Es würde vielmehr zu Stillstand führen, denn die Rundfunkkommission der Länder steht als Club der Exekutive sinnbildlich für intransparente Hinterzimmerpolitik, in der vor allem landesbezogene Einzelinteressen durchgeboxt werden und selten der gesellschaftliche Konsens gefunden wird. Siehe die gescheiterte Novellierung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages. Es muss einem Angst und Bange werden, sollten in diesem Gremium Fragen wie die Verankerung der Netzneutralität, der Umgang mit der monopolartigen Stellung von global agierenden Internetkonzernen oder die Modernisierung des Datenschutzes federführend behandelt werden.

Die sozialen und demokratischen Dimensionen des digitalen Wandels

Stattdessen muss die politische Debatte in die entgegengesetzte Richtung gehen. Anstatt einer Regionalisierung braucht es durchsetzungsstarke multinationale Strukturen, die unter Einbeziehung von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eine Governance-Struktur bildet, die den digitalen Wandel gestaltet, Grundrechte schützt und ein offenes, dezentrales und freies Internet wahrt. Die einseitige ökonomische Zielsetzung seiner Medienkommission, wie Scholz sie mit seiner Vorgabe der „Sicherung erfolgreicher Geschäftsmodelle“ fordert, verkennt völlig die im digitalen Wandel liegenden Dimensionen sozialer Innovation und demokratischer Erneuerung.

Die derzeitige Regulierung in diesem Bereich zeigt, dass die bestehende föderale Organisation überdacht werden muss. Die Abgrenzung von „Telemedien“ und die Übertragung von Rundfunkregulierung auf das Internet funktioniert heute schon nicht, weil sie in vielen Teilen falsch ist und ansonsten nicht durchgesetzt oder angewendet wird. Statt 14 Landesmedienanstalten braucht es eine effektive Aufsichtsstruktur mit einer Medienanstalt der Länder. Statt einer einzelnen Kommission der Exekutive braucht es koordinierende Gremien zwischen Bund und Ländern, die pluralistisch besetzt sind und transparent arbeiten, Expertengremien, die die politischen Entscheidungsprozesse begleiten und internationale Debatten vorbereiten. Und es bedarf eines multinationalen Überbaus, der eine tragfähige Governance Struktur sicherstellt.Der digitale Wandel schreitet voran, gerade auch, weil Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ihn gestalten. Diese Akteure außen vor lassen zu wollen, und die Internationalität nicht zu sehen, sind schon Fehlannahmen genug, um der Forderung von Olaf Scholz ablehnend gegenüberzustehen.

Ähnlich wie die Pläne der Deutschen Telekom zum Aufkündigen der Netzneutralität eine Gefahr für den digitalen Wandel und die Internetfreiheit darstellen, ist der Vorstoß von Olaf Scholz eine Gefahr für eine zukunftsfähige Politik, die den digitalen Wandel gestaltet und die Komplexität dieser globalen Aufgabe erkennt. Dem Versuch einer Einverleibung der Netzpolitik als Teil der Medienpolitik muss man sich klar entgegenstellen.

Meine Klage gegen das Bundespresseamt

Im September 2012 habe ich über www.fragdenstaat.de eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an das Bundespresseamt gerichtet. Meine Anfrage bezog sich zweigeteilt auf zwei spezifische Studien und auf vom Bundespresseamt beauftragte Umfragen zur politischen Stimmungslage in Deutschland. In diesen Umfragen lässt das Bundespresseamt im Auftrag der Bundesregierung regelmäßig Bürgerinnen und Bürger zu Kompetenzwerten von Regierungs- und Oppositionspolitikern sowie der Parteien, als auch Einstellungen und Meinungen zu aktuellen politischen Themen befragen.

Die beiden Studien habe ich, wie auch einige weitere Anfragende, schnell erhalten. Eine Zusammenfassung findet sich auf netzpolitik.org

Ganz anders reagierte jedoch das Bundespresseamt bezüglich der von mir angefragten Umfragen. Eine Herausgabe wurde kurzerhand abgelehnt. Obwohl mir eine Einsicht in die Unterlagen vor Ort in Aussicht gestellt wurde, war später davon keine Rede mehr.

Nach einer weiteren formalen Ablehnung meiner Anfrage Anfang Januar habe ich fristgerecht Widerspruch eingelegt. Auch mein Widerspruch wurde mit dem Argument, dass eine Veröffentlichung der Informationen den internen Willensbildungsprozess der Regierung und damit die Regierungstätigkeit gefährden würde, im April abgelehnt. Dieses Argument ist derart haarsträubend, so dass ich mich entschlossen habe, gegen die Bundesregierung zu klagen. Die Klage ging vergangene Woche dem Verwaltungsgericht Berlin zu.

Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Klage eine hohe Bedeutung in der Debatte um Transparenz und Open Data, sowie der dringend notwendigen Überarbeitung und Fortentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes zukommt. Zwar kennt das IFG bedauerlicherweise bisher kein allgemeines Transparenzgebot. Ungeachtet dessen besteht aber ein Auskunftsanspruch gegenüber Behörden bezüglich amtlicher Informationen und damit selbstverständlich auch den entsprechenden Dokumenten.

Jahr für Jahr werden Millionen Euro von der Bundesregierung für solche Umfragen ausgegeben und Bundespresseamt und Bundeskanzleramt haben als einzige Zugriff darauf. Ich halte dies für grundlegend falsch. Das Argument des Eingriffes in die Regierungstätigkeit halte ich für vorgeschoben. Ich finde es in Ordnung wenn die Bundesregierung solche Umfragen erstellen lässt, können sie doch Indikatoren für die politische Arbeit liefern. Nach meiner Überzeugung kann die Veröffentlichung dieser Umfragen aber nicht die Regierungstätigkeit gefährden, werden die Regierungsmitglieder doch regelmäßig mit Umfragen Dritter konfrontiert. Es könnte aber zum politischen Problem werden, würde sich aus dem Vergleich der Umfragen mit der Regierungstätigkeit herausstellen, dass die amtierende Bundesregierung sich vor allem von Umfragen leiten lässt. So oder so, entweder hat die Bundesregierung aus meiner Sicht ein falsches Transparenzverständnis oder macht nur Politik nach Stimmungslage.

Für mich gilt der Grundsatz: Was mit öffentlichem Geld aus Steuermitteln finanziert wird, soll auch der Öffentlichkeit zugänglich sein.

Ich bin sehr gespannt auf den Klageausgang und bin zuversichtlich zu gewinnen, weil mir die Argumente des Bundespresseamts nicht sehr überzeugend erscheinen. Aber unabhängig vom Ausgang ist deutlich, dass wir endlich neue gesetzliche Regelungen in diesem Bereich brauchen. Wir brauchen eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes hin zu einem echten Transparenzgesetz, welches den Behörden die Veröffentlichung ihrer Daten klar vorschreibt, in dem die Prinzipien von Open Data und Open Government unmissverständlich festgeschrieben sind und das den Bürgerinnen und Bürgern endlich der Zugang zu Dokumenten und Informationen eröffnet. Ich werde euch über den Klageverlauf auf dem Laufenden halten.

Ihr findet dazu auch einen entsprechenden Artikel im SPIEGEL.

wäre ich da: Rede zur Drosseldemo am 16. Mai in Köln

Eigentlich würde ich gerne heute in Köln bei der Drosseldemo sprechen. Da ich auf meinen Sohn aufpasse, kommt dieses Redemanuskript. Diese Rede hätte ich gehalten, wäre ich in Köln gewesen.

Rede zur Drosseldemo am 16. Mai in Köln #drosselkom

Netzausbau statt Drosselung

Netzausbau statt Drosselung

von Malte Spitz

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Aktionäre der Deutschen Telekom,

wir demonstrieren hier heute vor der Hauptversammlung der Deutschen Telekom, weil uns ein freies Internet wichtig ist. Wir demonstrieren hier, weil uns die Pläne der Deutschen Telekom, das Ende der Netzneutralität einzuleiten, nicht nur mit großer Sorge erfüllen, sondern wir weitreichende Gefahren sehen. Der Telekom sagen wir klar und deutlich: Rücken Sie ab von ihren Plänen!

Der Plan der Telekom drosselt nicht nur die Geschwindigkeit der Internetzugänge, er drosselt auch die Entwicklung eines freien Internets und des freien Meinungsaustausches, und ist damit auch eine Gefahr für unsere Demokratie. Daher sagen wir klar und deutlich: Netzausbau statt Drosselung!

Die Einführung von Volumengrenzen ist das eine, das ist Ihre unternehmerische Entscheidung. Diese Entscheidung wird Telekom-Kunden nicht glücklich machen. Und es werden viele zu anderen Anbietern wechseln, die keine Volumengrenze haben oder höhere Volumen anbieten. Nach viermal Tatort und viermal Heute Show in HD im Monat wird gedrosselt, das geht nicht! Das werden Ihre Kunden niemals akzeptieren!

Aber: viel wichtiger ist an dieser Stelle jedoch die Ungleichbehandlung von Daten in den Plänen der Telekom. Da können Telekom-Manager noch so viel erzählen – von der Besonderheit von Entertain als regulierte Plattform. Fakt ist doch: Angebote, die über die Entertain-Plattform vertrieben werden, werden nicht bei der Volumengrenze mit angerechnet und damit auch nicht gedrosselt. Und in Entertain ist das Telekom eigene Angebot Videoload integriert und prominent im Programmmenü eingebettet. Genauso finden sich zahlreiche weitere Angebote wie Apps oder ausgewählte Radiosender auf der Entertain-Plattform. Hier wird nicht Gleiches wie Gleiches behandelt, hier werden managed services und die klare Bevorteilung dieser durchgesetzt. Das ist nicht fair, Telekom, das ist brandgefährlich. Denn damit will und wird die Deutsche Telekom die Netzneutralität abschaffen, und gegen diesen Plan werden wir heute und in Zukunft demonstrieren. Netzneutralität bedeutet, das Daten im Internet ohne Benachteiligung oder Bevorzugung gleichberechtigt übertragen werden – ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Zieles, der Finanzkraft ihrer EmpfängerInnen oder AbsenderInnen, ihres Inhalts, verwendeter Anwendungen oder eingesetzter Geräte. Aktionärinnen und Aktionäre, machen Sie auf der Hauptversammlung deutlich, dass Sie als Aktionäre mit dieser Kurzsichtigkeit des Telekom Managements nicht einverstanden sind. Zeigen sie diesen Plänen die Rote Karte. Managed Services mögen kurzfristig höhere Umsätze und Gewinne bringen. Wenn die Telekom jedoch damit durchkommt, wird es Innovationen einschränken, wird es den Wettbewerb verhindern und es wird insgesamt die Attraktivität des Internets senken.

Das Vorhaben, kontrollierte Nutzungsumgebungen aufzubauen und diese prioritär beim Datendurchlass und der Datenanrechnung zu behandeln, ist kurzsichtig und wird letztendlich zum Scheitern verurteilt sein. Gleiches gilt auch für andere Medienplattformen wie von Apple oder auch von Google in Vorbereitung, die nach Belieben Inhalte zulassen und runter schmeißen. Ich bin davon überzeugt – die Entwicklung und die Zukunft des Internets hängt in erster Linie von seiner Offenheit ab. Das Einziehen künstlicher Zäune ist die falsche Strategie. Diese werden den digitalen Wandel behindern und sie werden Internetzugänge und die Internetnutzung unattraktiver machen. Und es gefährdet auch demokratische Grundsätze. Wer festlegt, welche Inhalte bevorzugt werden, und sich dieses auch noch bezahlen lässt, muss sich auch disem Vorwurf stellen.

Die Folgen für die Meinungsfreiheit und auch für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sind eindeutig. Alternative Medienangebote werden nicht die finanziellen Mittel haben, sich den exklusiven Zugang auf die Entertain Plattform zu kaufen. Profitieren werden ausschließlich die etablierten Medienkonzerne, die es sich leisten können, in ihre Reichweite zu investieren. Die BILD wird vorkommen, die taz oder der Freitag werden wir vermissen. Genauso werden es sich etablierte Internetkonzerne leisten können, exklusiv als Soziales Netzwerk oder Videostreamingportal bei den Entertain KundInnen vertreten zu sein. Neue Angebote, Start-Ups oder Entwicklungen aus der Wissenschaft werden es hier deutlich schwerer haben. Dies wird auch den IT Standort Deutschland beeinträchtigen.

Die Deutsche Telekom hat fast immer noch 50% Marktanteil beim kabelgebundenen Breitbandinternetzugang. Wenn junge UnternehmerInnen hier erschwerten Markteintritt vermuten müssen oder sogar vorfinden, werden sie sich zweimal überlegen, ob sie in Deutschland neue internetbasierte Medienangebote aufbauen werden. Alles andere würde die Abhängigkeit von der Gunst der Deutschen Telekom bedeuten. Das alles schadet dem hiesigen Standort und es wird dem Ansehen der Deutschen Telekom schaden. Es darf kein Zwei-Klassen Internet geben. Wir streiten für die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität, wie auch der Plattformneutralität.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Aktionäre der Deutschen Telekom, es liegt jetzt an Ihnen. Machen sie Ihren Unmut über diese weitreichenden Tarifänderungen deutlich, Fordern sie Herrn Obermann auf, von seinem Vorhaben abzurücken. Herr Obermann verlässt zum Ende des Jahres den Konzern, sein jetzt angerichteter Schaden wird aber die Deutsche Telekom noch lange verfolgen. Rücken sie ab von den Plänen, die Netzneutralität aufzukündigen und managed services auszubauen. Streiten sie vielmehr für einen fairen Wettbewerb und für ein freies Internet. Streiten sie für einen ambitionierten Netzausbau und wehren Sie sich gegen die Telekomdrossel! Deutschland braucht eine zukunftsfähige Netzinfrastruktur, das werden weder LTE noch mit Vectoring aufpolierte Kupferleitungen bringen können. Dafür brauchen wir jetzt die Universaldienstverpflichtung für die Mindestversorgung und eine Glasfaserstrategie für ein zukunftsfestes ultraschnelles Internet. Streiten sie mit uns für eine politische Mehrheit, die den Netzausbau ernst nimmt und auf Zukunftstechnologien setzt.Für eine politische Mehrheit, die Bandbreite sicherstellt, statt sie weiter einzugrenzen. Daher muss es heute heißen: Netzausbau statt Drosselung!

Diese Rede als PDF.

Druckvorlage als PDF (6 MB) von Telekommt noch was an?

Das Ende des Internets wie wir es kennen

Ich habe in einer Analyse auf Zeit Online die Tarifänderung der Deutschen Telekom bewertet.

Die Telekom will den Datenstrom ihrer Kunden drosseln. Sie beendet damit das Prinzip der Netzneutralität und das anonyme Surfen, analysiert Malte Spitz von den Grünen.

Ab dem 2. Mai wird sich einiges ändern in der deutschen Internetlandschaft. Die Deutsche Telekom wird dann nur noch Verträge für Breitbandinternetzugänge mit begrenztem Datenvolumen verkaufen. Egal ob DSL, VDSL oder Glasfaser, die Menge an Daten ist ab sofort endlich. Was man vom mobilen Internetzugang schon kennt, wo spätestens nach zwei oder fünf Gigabyte mit Highspeed Schluss ist, soll uns jetzt auch zu Hause ereilen. Wer sein Datenvolumen ausgeschöpft hat, wird dann gedrosselt und kann nur noch mit 384 Kilobit pro Sekunde surfen. Bei einem VDSL 50 Anschluss bedeutet das eine Reduzierung von über 99 Prozent der Bandbreite.

Begründet wird das mit den begrenzten Kapazitäten und damit, dass der Ausbau der Netze teuer ist. Allerdings überschreiten laut Auskunft der Telekom derzeit gerade einmal drei Prozent der Nutzer und Nutzerinnen die genannten Volumengrenzen. Das lässt andere Hintergründe vermuten.

Laut Zahlen der Bundesnetzagentur von 2011 hat die Deutsche Telekom 12,28 Millionen Breitbandkunden. Wenn es bei der Drosselung wirklich nur um die drei Prozent Heavy-User geht, würde das 368.000 Anschlüsse betreffen. Bei der Telekom heißt es, dass man bei Einführung der Drosselung Zusatzvolumen für einen einstelligen Eurobetrag nachbuchen kann. Selbst wenn man dafür 9,99 Euro als Höchstpreis annimmt, würde das bei 368.000 Anschlussinhabern, die sich jeden Monat das doppelte Inklusivvolumen kaufen, gerade einmal 44.115.840 Euro bedeuten.

Für maximal 44 Millionen Euro Mehreinnahmen im Jahr wird die gesamte Struktur im Festnetzinternet umgestellt? Für 44 Millionen Euro werden potenzielle Kunden vertrieben, werden Streitigkeiten über Fehlberechnungen und ein katastrophales Image in Kauf genommen? Diese maximalen Mehreinnahmen würden weniger als 0,1 Prozent des Jahresumsatzes der Telekom ausmachen.

Das Unternehmen hat schon einmal einen so radikalen Schritt versucht, als es die Handysubvention bei T-Mobile abschaffen wollte. Das wurde nach Protesten schnell korrigiert. Das alles zeigt, dass es eben nicht um drei Prozent der Nutzer und um 44 Millionen Euro möglicher Zusatzeinnahmen geht. Es geht darum, die Netzneutralität abzuschaffen.

Das Zauberwort der Telekom lautet dazu managed services. Laut Pressemitteilung des Unternehmens werden managed services nicht auf das Inklusivvolumen angerechnet. Die managed services sind Inhalte, die die Telekom exklusiv durchleitet, beispielsweise Daten der eigenen Entertain-Plattform oder auch Sprachtelefonie. Auf den ersten Blick klingt das logisch, wird die Telekom doch nicht wollen, dass alle Entertain-Kunden nach einer Woche vor einem schwarzen Bildschirm sitzen oder niemand mehr telefonieren kann. Auf den zweiten Blick aber zeigt es, welche Gefahr in dieser „Tarifänderung“ steckt. Sie kann zum Ende des Internets führen, wie wir es kennen und nutzen.

Denn erstens ist die Telekom Infrastrukturanbieter und Inhalteanbieter zugleich. Mit Entertain wird ein eigenes Produkt von der Drosselung ausgeklammert. In Entertain ist Videoload integriert. Der Dienst erhält durch die Tarifänderung gegenüber der Konkurrenz wie Maxdome einen Vorteil. Damit werden sich Entertain-Kunden entscheiden müssen, ob sie lieber über das integrierte Videoload-Portal ihre Filme und Serien kaufen, oder über Maxdome oder iTunes, deren Gigabyte für einen HD-Spielfilm auf das Datenvolumen angerechnet werden.

Selbst wenn Entertain allen Bewerbern offensteht, verhandelt die Telekom damit in vielen Bereichen in eigener Sache. Sie ist also nicht mehr der neutrale Infrastrukturanbieter, der lediglich Datenpakete durchleitet. Sie ist damit ein Medienkonzern mit eigenen Angeboten und daraus folgenden Interessen. Das schafft sowohl für neue Anbieter als auch für die etablierte Konkurrenz Hürden. Die Gefahr steigt, dass die Vielfalt sinkt und dass es neue Entwicklungen schwerer haben, sich am Markt durchzusetzen.

Zweitens sollen managed services die Regel werden. Bei der Tarifänderung geht es nicht um ein paar Prozent der Endkunden, es geht um exklusive Kooperationen mit den Anbietern der Inhalte. Denn jeder kann bei der Telekom einen solchen managed service für sein Angebot buchen, auch iTunes. Je mehr solcher bezahlten Kooperationen und Verträge die Telekom abschließt, desto mehr Geld verdient sie.

Im Mobilfunkbereich gibt es so etwas schon heute mit dem Musikstreaming-Angebot Spotify. Die Daten von Spotify werden bei Telekom-Kunden nicht auf das Datenvolumen angerechnet, Spotify zahlt dafür an die Telekom. Die Telekom vereinnahmt ihre Kunden, um Inhalteanbieter zu zwingen, Gebühren zu zahlen. In der Folge wird es immer mehr Anbieter von Inhalten geben, die bereit sind, für eine Aufnahme in die Entertain-Welt zu bezahlen.

Diese Kontrolle der Nutzer, die wir schon vom iTunes Store bei Apple kennen und kritisieren, wird so weitergetragen auf die Ebene des Internetzugangs. Das „gemanagte“ Internet der Entertain-Welt ist damit nur eine Umschreibung für Gängelung.

Das aber ist nicht alles, denn drittens kommen auch die sogenannten Qualitätsklassen. Die Errichtung eines managed service ist letztendlich die Einteilung des Datenstroms in Qualitätsklassen. Welche Inhalte werden bevorzugt durch reservierte Bandbreite durchgeleitet, welche Angebote müssen sich den Rest der Kapazität an Volumen und Geschwindigkeit teilen? Damit besteht die Gefahr, dass Nutzer und Nutzerinnen auf bestimmte eigene Angebote und Plattformen gelenkt werden. Sie ist umso größer, je weniger Restbandbreite die Telekom für alle übrigen Dienste lässt. Gerade in Zeiten knapper werdender Kapazitäten, mit denen die Telekom selbst argumentiert, ist das nicht zu vernachlässigen.

Sehr bedenklich ist auch, dass man managed services nicht anonym wird nutzen können. Denn um vom Datenvolumen ausgenommen zu werden, muss die Telekom wissen, wer welche Dienste nutzt.

Die angekündigte Tarifänderung drosselt also nicht nur einige Heavy-User. Die Tarifänderung ist der Versuch, den lange gehegten Plan von René Obermann umzusetzen, alle zur Kasse zu bitten: Kunden, Plattformbetreiber und Inhalteanbieter. Das ist das Ende der Netzneutralität: Eine Bevorzugung bestimmter Inhalte wird zwingend dazu führen, dass andere Angebote benachteiligt werden.

Die einzigen, die das verhindern können, sind die Kunden. Wenn sie ähnlich wie beim Ende der Handysubvention agieren und ihrem Protest durch eine Kündigung Ausdruck verleihen, könnten sie diesen Plänen ein Ende bereiten. Eine andere Chance gibt es derzeit nicht. Was zeigt, wie wichtig es ist, die Netzneutralität und die Plattformneutralität endlich im Gesetz zu verankern, statt lediglich mir leeren Floskeln ihre Bedeutung hochzuhalten.

Zeit für den grünen Wandel – Entwurf des grünen Bundestagswahlprogramms

Die einzelnen Kapitel werden als einzelne Anträge durch den Bundesvorstand eingebracht, weshalb die Zeilennummerierung nicht durchgehend ist. Nach der heute beginnenden breiten Programmdiskussion innerhalb der Gliederungen der Partei wird die Bundesdelegiertenkonferenz vom 26. bis 28. April 2013 in Berlin den Antrag diskutieren und darüber abstimmen. Änderungsanträge können bis zum 5. April gestellt werden. Infos zum Parteitag und wie Änderungsanträge zu stellen sind, findet ihr auf gruene.de www.gruene.de/partei/bdk-in-berlin.html

Nachdem wir Grüne 2009 in unserem Wahlprogramm als erste der im Bundestag vertretenen Parteien ein eigenes Kapitel zur Netzpolitik hatten, gehen wir diesmal noch einen Schritt weiter. Ihr werdet in vielen verschiedenen Kapiteln netzpolitische Forderungen finden, zu OER im Bildungsteil, zu digitaler Demokratie im Demokratie-Teil und natürlich zahlreiche Forderungen und Ideen im zentralen netzpolitischen Kapitel „Freies Netz für alle“.

Hier nun einige relevante Auszüge aus dem Programmentwurf zu Themen rund um die Netzpolitik, lest aber selber am besten das gesamte Programm und bildet euch eine Meinung!

BTW-B-01 Bundestagswahlprogramm – Teilhaben an guter Bildung

Open Education Ressources (Zeile 74)

Wir wollen die Digitalisierung im Bildungsbereich unterstützen um den Zugang zu Wissen zu fördern. Lehr- und Lernmaterial soll unter freien Lizenzen bereitgestellt werden, um Wissensmonopole aufzubrechen und die vielfältige Nutzbarkeit entsprechender Inhalte zu unterstützen. Maßgabe sollten die Standards zu Open Education Ressources sein.

BTW-N-01 Bundestagswahlprogramm – Freies Netz für alle

Breitbandausbau (Zeile 53)

Wir wollen allen Haushalten und Unternehmen den Zugang zu einem Breitbandanschluss im zweistelligen MBit-Bereich als Teil der Daseinsvorsorge über eine Universaldienstverpflichtung gewährleisten. Diesen Universaldienst wollen wir dynamisch gestalten, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten. Unser Ziel bleibt der Aufbau eines flächendeckenden Glasfasernetzes.

Open Source (Zeile 82)

Wie offen, frei und nachhaltig unsere Gesellschaft ist, spiegelt sich auch im Einsatz freier und offener Software wieder. Im öffentlichen Bereich muss sie bei gleicher Eignung den Vorrang genießen. Genauso müssen Softwareentwicklungen von Behörden stets den Quellcode freigeben, also Open-Source sein, damit alle von ihnen profitieren und sie einfach weiterentwickelt werden können. Zentral für eine solche Strategie ist die Verwendung offener Standards und Schnittstellen.

Fair und Green IT (Zeile 88)

Informationstechnologien sind schnellen und permanenten Änderungen unterworfen und ohne Rohstoffe aus anderen Ländern undenkbar herzustellen. Wir wollen darauf hinarbeiten, dass Produktion, Vertrieb, Nutzung und Entsorgung dieser Technologie unter gerechten und nachhaltigen Bedingungen stattfinden. Deshalb setzen wir uns für klare rechtliche Vorgaben ein, die Menschenrechtsstandards ebenso wie Energie- und Ressourceneffizienz verbindlich machen, und wollen die Wiederverwertung von wertvollen Rohstoffen so weit wie möglich steigern.

Netzneutralität (100)

Die Netzinfrastruktur soll allen gleichermaßen zur Verfügung stehen. Wir wollen kein Zwei-Klassen-Internet und daher den Grundsatz der Netzneutralität gesetzlich verankern. So stellen wir sicher, dass Daten im Internet ohne Benachteiligung oder Bevorzugung gleichberechtigt übertragen werden – ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Zieles, der Finanzkraft ihrer EmpfängerInnen oder AbsenderInnen, ihres Inhalts, verwendeter Anwendungen oder eingesetzter Geräte.

Internetfreiheit weltweit (Zeile 109)

Weltweit häufen sich – gerade in autoritären Staaten und Diktaturen – staatliche Eingriffe in die Internetfreiheit. Der Export von Know-how, Technik und Software zur Zensur und Überwachung des Internets in diese Länder muss ein Ende haben.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Internet (Zeile 180)

Ein qualitativ hochwertiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss auch in der digitalen Welt eine wichtige Rolle spielen. Weil die Nutzerinnen und Nutzer zunehmend über das Internet Rundfunkangebote nutzen, müssen die Angebote der öffentlich-rechtlichen Anstalten dort auch dauerhaft präsent sein. Wir wollen deshalb die De-Publikationspflicht von ARD und ZDF beenden und stattdessen frei zugängliche und durch freie Lizenzen nutzbare Inhalte in digitalen Archiven, bei angemessener Vergütung der UrheberInnen, durchsetzen.

Verwertungsgesellschaften (Zeile 230)

Auch wenn nicht alle Verwertungsgesellschaften über einen Kamm zu scheren sind, wollen wir mehr gleichberechtigte Mitsprache sicherstellen. Die Verwertungsgesellschaften müssen gerechter, transparenter und demokratischer werden, wir werden dies rechtlich soweit möglich vorantreiben und unterstützen Initiativen wie auch die Verwertungsgesellschaften selber, diese Reformschritte zu gehen. Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft müssen alternative Lizenzmodelle wie „Creative Commons“ nutzen oder andere Geschäftsmodelle entwickeln können.

Transformatorische Nutzung (Zeile 242)

Durch den digitalen Wandel verschwimmen Grenzen. NutzerInnen können zu Kreativen werden und umgekehrt. Mit Remixes und MashUps werden kreative Inhalte weiterentwickelt und erneut verbreitet. Durch eine neue Schranke wollen wir nicht-kommerzielle Formen der transformatorischen Nutzung, die auf die Weiterentwicklung und Bearbeitung vorhandener Werke zielen, gesetzlich absichern.

Ende für das Abmahnungswesen (258)

Jährlich flattern hunderttausende Abmahnungen wegen der Zugänglichmachung geschützter Musiktitel oder Filme ins Haus, die teilweise nicht die Interessen der UrheberInnen, sondern die Profitinteressen von AnwältInnen bedienen. Dieses Abmahnunwesen wollen wir beenden und setzen uns für klare rechtliche Grenzen ein, ohne berechtigte Interesse der UrheberInnen unangemessen zu beschneiden. Wir wollen den Streitwert deutlich senken, den fliegenden Gerichtsstand beenden, Abmahnungen nur für Handlungen im geschäftlichen Verkehr zulassen, eine Kostenerstattung für die zahlreich zu Unrecht Abgemahnten einführen. Den Drittauskunftsanspruch gegenüber Privaten wollen wir auf den geschäftlichen Verkehr beschränken.

Wissenschaftsschranke (287)

Wir wollen eine umfassende Wissenschaftsschranke einführen. Die Nutzung publizierter Werke jedweder medialer Art sollte für den nicht gewerblichen, wissenschaftlichen Gebrauch grundsätzlich genehmigungsfrei und ohne Einschränkungen erlaubt sein.

BTW-D-01 Bundestagswahlprogramm – Demokratie erneuern

Transparenz (Zeile 156)

Informationen sollen nicht nur auf Anfrage herausgegeben werden, sondern staatliche Stellen sollen Dokumente, Analysen, Gutachten, Erhebungen oder Statistiken von sich aus als offene Daten mindestens über das Internet frei verfügbar machen. Wir wollen ein bundesweites Portal, in das Daten aus Bund, Ländern und Kommunen eingepflegt werden. Für alle staatlichen Veröffentlichungen, auch die von Parlamenten, fordern wir die Verwendung von freien Datenformaten und die entsprechende Auswahl von Nutzungslizenzen zur privaten wie zur kommerziellen Nutzung.

BTW-BÜ-01 Bundestagswahlprogramm – Bürgerrechte stärken

Vorratsdatenspeicherung (Zeile 37)

Sicherheit steht damit im Dienst der Freiheit und nicht umgekehrt. Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden und Überwachungsmaßnahmen dürfen nicht selbst zu einer Bedrohung der Freiheit werden. Eine verpflichtende anlasslose Massenspeicherung von Telekommunikationsdaten wäre ein massiver Eingriff in die Grundrechte, zudem auch noch ineffektiv. Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um eine Wiedereinführung der vom Bundesverfassungsgericht gestoppten Vorratsdatenspeicherung zu verhindern.

Videoüberwachung (Zeile 47)

Die immer weiter ausufernde Videoüberwachung des öffentlichen Raums wollen wir eindämmen. BürgerInnen müssen in einem öffentlichen Register einsehen können, wo diese stattfindet. Zudem muss die Datenschutzaufsicht bei der Kontrolle staatlicher, wie privater Videoüberwachung ausgeweitet werden.

Datenschutz (Zeile 134)

Der Datenschutz gehört ausdrücklich ins Grundgesetz, das Datenschutzrecht muss komplett neu gestaltet werden. Auch Privatunternehmen müssen die Daten ihrer Kundschaft so schützen wie heute schon ihre Geschäftsgeheimnisse. Persönliche Daten dürfen im Geschäftsverkehr nur mit ausdrücklicher Zustimmung gespeichert und weitergegeben werden („Opt-In-Regelung“). Guter Datenschutz kann durchaus ein Geschäftsmodell sein. Wir wollen Datenschutz durch Technik („Privacy by Design“) und Datenschutz durch Voreinstellung („Privacy by Default“) voranbringen und daher auch ein geschütztes Gütesiegel einführen.

BTW-K-01 Bundestagswahlprogramm – Kunst und Kultur beflügeln

UrheberInnen stärken (Zeile 85)

Die digitale Gesellschaft ist Wirklichkeit und bietet zahlreiche auch neue Möglichkeiten für kulturelle Teilhabe und mehr kulturelle Vielfalt. Etablierte Kunstformen können sich im Internet weiterentwickeln und Neue entstehen. Wir wollen, dass künstlerische Leistung und kreative Arbeit als solche anerkannt und angemessen vergütet wird. Dies muss weiterhin Maßgabe bei der Reform und Modernisierung des Urheberrechts sein. Wir wollen UrheberInnen und NutzerInnen in ihren Rechten stärken und gleichzeitig Respekt und Vertrauen zwischen KünstlerInnen und NutzerInnen fördern. Deshalb setzen wir auf einen fairen Interessenausgleich. Mit der Reform des Urhebervertragsrechts stärken wir die UrheberInnen, denn sie sind heute oft in einer schwachen Verhandlungsposition gegenüber ihren GeschäftspartnerInnen. Wir wollen das Schlichtungsverfahren über Vergütungsregeln zwischen Kreativen und VerwerterInnen so gestalten, dass es am Ende zu einem für beide Seiten bindenden Ergebnis führt. Außerdem müssen Inhaberinnen von Nutzungsrechten die Kreativen darüber informieren, wie oft ihr Werk genutzt wurde und welche Erträge damit erwirtschaftet wurden. Denn nur wenn sie umfassend über die Nutzung ihrer Werke informiert sind, können UrheberInnen eine angemessene Vergütung aushandeln. Weiterhin muss dafür Sorge getragen werden, dass gefundene Vereinbarungen kontrolliert und im Streitfall auch durchgesetzt werden. Urheberpersönlichkeitsrechte müssen auch in der Zukunft gewahrt bleiben, damit UrheberInnen auch weiterhin über die Nutzung ihrer Inhalte selbst entscheiden können.

Fünf Wahrheiten zur Abstimmung im Bundesrat über die Anrufung des Vermittlungsausschusses

Die Debatte über das Leistungsschutzrecht für Presseverlage schlägt wieder hohe Wellen. Fünf Wahrheiten gehören zur Debatte. Sie zu leugnen, mag einem ein besseres Gefühl geben, redlich ist das nicht.

Wahrheit 1: Urheberin ist die schwarz-gelbe Merkel-Koalition

Das Gesetz zur Einführung eines Leistungsschutzrechtes für Presseverlage wurde im Herbst 2012 vom schwarz-gelben Kabinett beschlossen. Nach Anhörungen und einigem Hin und Her wurde es am 1. März 2013 im Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP verabschiedet. Auch wenn es manch Politiker der CDU und FDP nicht wahrhaben will: Es waren IHRE Fraktionen, die uns überhaupt dieses schlechte Gesetz beschert haben. SIE regieren und haben gemeinsam eine Mehrheit im Bundestag.

Wahrheit 2: Es sind massive Lobbyinteressen betroffen

Interessenvertretung ist Teil der Politik. In diesem Fall haben die Zeitungsverleger in den vergangenen Jahren massiv dafür geworben, ihnen ein Leistungsschutzrecht einzuräumen und haben bei CDU/CSU und FDP Gehör gefunden. Genauso wurde auf Länderebene unter Verweis auf die eigene Macht der Verleger massiv lobbyiert. Persönlich finde ich dieses Vorgehen verwerflich, aber leider sieht die Realität anders aus, die Kungeleien finden intransparent in Hinterzimmern statt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nicht nur die Verleger, sondern auch die Internetwirtschaft mit aller Kraft ihre Interessen auf allen Ebenen vorgebracht hat.

Wahrheit 3: Die SPD wollte nicht

Die dritte Wahrheit ist, dass es relevante Akteure innerhalb der SPD gab, die die Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht wollten. Die Beweggründe mögen unterschiedlich sein, sei es aus Angst vor den Verlegern oder aus anderen strategischen Einschätzungen der Situation im Wahljahr. Fakt bleibt jedoch, dass dadurch die Chance vertan wurde, dieses Gesetz zu stoppen. Das SPD-regierte Hamburg hat eine Anrufung von Anfang an nicht gewollt und in NRW oder Niedersachsen stellt sich die SPD gegen eine Anrufung. Bei aller Kritik an dieser Entscheidung – ich bin auch richtig sauer – denkt immer an Wahrheit 1 und die Urheber dieses Gesetzes.

Wahrheit 4: Grüne wollen und wollten den Vermittlungsausschuss

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN regieren in sechs Bundesländern mit, in Baden-Württemberg sogar als großer Koalitionspartner. Ansonsten in NRW, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein als „Juniorpartner“. Überall haben sich die Grünen für die Anrufung des Vermittlungsausschusses ausgesprochen und dafür eingesetzt dieses als Koalitionsmeinung mit der SPD auch im Bundesrat zu vertreten. Das rot-grün-SSW regierte Schleswig-Holstein hat sogar den Antrag zur Anrufung des Vermittlungsausschusses in den Bundesrat eingebracht. Aber die Macht gegenüber dem Koalitionspartner ist nicht allumfassend. In 15 der 16 Bundesländer regiert eine Koalition. Nur Hamburg wird von der SPD alleine regiert. Überall gibt es in den Koalitionsverträgen die Vereinbarung, dass man sich über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat abspricht. Im rot-grünen Koalitionsvertrag NRW heißt dies beispielsweise:

„Die Koalitionsparteien legen das Abstimmungsverhalten des Landes im Bundesrat fest. Sie orientieren sich dabei an den Interessen des Landes und an Inhalt und Geist der Koalitionsvereinbarung. Sofern in Fragen, die nach Auffassung einer Koalitionsfraktion von grundsätzlicher Bedeutung sind, eine Einigung nicht erzielt werden kann, wird sich das Land der Stimme enthalten.“

Das bedeutet: Man kann den Koalitionspartner mit dem Koalitionsvertrag nur dazu zwingen, eine Position nicht einzunehmen, aber nicht dazu zwingen, eine bestimmte (eigene) Position einzunehmen. Wenn die Grünen in NRW für die Anrufung des Vermittlungsausschusses sind, kann die SPD unter Berufung auf den Koalitionsvertrag sagen, dass sie dies nicht wollen. Im Ergebnis enthält man sich der Stimme im Bundesrat.

Für uns Grüne ist klar, wir sind weiterhin gegen die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage. Wir hätten es jetzt im Vermittlungsausschuss aufgehalten dies ist aber nicht mehr möglich, siehe Wahrheit 3. Wir wollen dieses Gesetz daher jetzt nach einer erfolgreichen Bundestagswahl im September und dem anschließenden Regierungswechsel kippen. Die SPD und ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sind dann hoffentlich auch noch mit dabei. Wir nehmen sie beim Wort.

Wahrheit 5: Ein Vermittlungsausschuss kann auch bei Einspruchsgesetzen kraftvoll sein

Gerne wird jetzt betont, dass die Anrufung des Vermittlungsausschusses bei einem Einspruchsgesetz wie dem Leistungsschutzrecht für Presseverlage in der Sache nichts helfen würde. Das ist allgemein und besonders in diesem konkreten Fall schlicht falsch. Denn so lange der Vermittlungsausschuss kein Ergebnis, einen Kompromiss oder eine Position des Bundesrates erzielt, oder drei ergebnislose Verhandlungen in der Sache stattgefunden haben, kann sich der Bundestag auch nicht wieder damit befassen. Es gibt eine Mehrheit von SPD, Grünen und Linken im Vermittlungsausschuss und damit eine Geschäftsordnungsmehrheit, die auch die Tagesordnung und damit die zu behandelnden Punkte bestimmen kann. Siehe auch die Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses. Mit der Folge, dass das Gesetz so lange keine Gültigkeit erlangen kann. Selbstverständlich wird der Vermittlungsausschuss oft auch zur Verzögerung des Gesetzgebungsverfahren genutzt. Beispiele gibt es dazu genug. Durch die anstehende Bundestagswahl wäre es sogar möglich, das Gesetz in der Diskontinuität verfallen zu lassen. Dazu kommt, dass der Vermittlungsausschuss nicht sehr häufig tagt, in 2012 ganze fünf Mal. Taktieren gehört manchmal zur Politik dazu. Das ist bekannt und dem Grunde nach auch nichts Verwerfliches. Zudem soll der Vermittlungsausschuss doch gerade dazu dienen, ein in den Augen der Mehrheit des Bundesrates schlechtes Gesetz zu verbessern. Genau dies ist ja auch Ziel des Antrages zur Anrufung des Vermittlungsausschusses gewesen, „den Gesetzesbeschluss grundlegend zu überarbeiten“.