Münchner Erklärung: Verlegerlobby kämpft mit den Falschen

17.07.2008: Zur „Münchner Erklärung“ einiger Verleger über die Online-Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erklären Grietje Staffelt, medienpolitische Sprecherin, und Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes Bündnis 90/ Die Grünen:

„Die Verlegerlobby hört nicht auf, den falschen Gegner anzugreifen. Anstatt sich für den Wettbewerb mit Google, Yahoo und anderen Giganten im Netz zu rüsten, arbeitet sie sich weiter am öffentlich-rechtlichen Rundfunk ab und daran, was dieser im Internet darf.

Nach den ohnehin schon engen Grenzen, die die Lobbyisten von Presse und Privatrundfunk den Ministerpräsidenten für den 12. Rundfunkstaatsvertrag in die Feder diktiert haben, nun nach noch mehr Schutz vor den Öffentlich-Rechtlichen im Netz zu rufen, wirkt lächerlich und anachronistisch.

Dass die Verleger ihre Forderungen auch noch mit EU-Recht begründen, ist mehr als unverschämt. Denn der zwischen der EU-Kommission und Deutschland gefundene Kompromiss über künftige öffentlich-rechtliche Aktivitäten im Netz geht bei weitem nicht so weit, wie die Verleger nun weismachen wollen. Wer fordert, dass öffentlich-rechtliche Inhalte nicht länger als sieben Tage online sein dürfen, verhöhnt die Gebührenzahlerinnen und -zahler und verbaut dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Zukunft. Außerdem macht es den aus Brüssel vorgegebenen Drei-Stufen-Test überflüssig: Wenn nichts länger als sieben Tage online sein darf, gibt es auch nichts zu prüfen. Das hat mit den Brüsseler Vorgaben nichts mehr zu tun.

Die Verlage möchten allzu gern die Aufsicht über das Tun und Walten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks führen, nur leider haben sie hier nichts zu suchen. Die Verleger missachten die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wenn sie das gesamte Verfahren des Drei-Stufen-Tests unter die Kontrolle der privaten Medien stellen wollen. Wo bleiben eigene attraktive Angebote im Netz? Warum wollen die Verleger und Privatrundfunkler nicht die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden lassen, welches Angebot ihnen am besten gefällt? Ist Wettbewerb plötzlich ein Fremdwort geworden?“

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