Etwas Klarheit, aber kein wirklicher Fortschritt

12.05.2010: PM 072/10: Zur heutigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur so genannten Störerhaftung bei offenen WLAN-Anschlüssen erklärt Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

„Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist eine Sowohl-als-auch-Entscheidung und stärkt die Offenheit unserer digitalen Netzstruktur nicht. Es wird pragmatisch mit dem Problem umgegangen, auch wenn die konkreten Folgen für offene Netze noch nicht absehbar sind. Privatpersonen sind nun verpflichtet, ihre Funknetzwerke ausreichend abzusichern, damit sie nicht offen nutzbar sind. Anschlussinhaber können ansonsten auf Unterlassung belangt werden, wenn über den auf sie angemeldeten Internetzugang durch andere Rechtsverletzungen, im konkreten Fall Urheberrechtsverletzungen, begangen werden. Dabei sind offene Internetzugänge heute bereits gang und gäbe, in Cafés, in öffentlichen Einrichtungen oder bei vielfältigen Freifunkprojekten. Anschlussinhaber sitzen nun weiterhin zur Hälfte auf der Anklagebank, auch wenn sie für die Taten selber nicht haftbar gemacht werden können. Die konkreten Auswirkungen des Urteils sind abzuwarten. Der Bundesgerichtshof hat aber all den aktiven Menschen, die sich für freie und offene WLAN-Zugänge einsetzen, mindestens die Gelbe Karte gezeigt, wenn nicht sogar in der Endkonsequenz die Rote.

Zu begrüßen ist allerdings die Klarstellung, dass die gesetzliche Deckelung der Abmahnkosten auf 100 Euro anzuwenden ist. Damit kann den Geschäftsmodellen der Abmahnindustrie hoffentlich endlich ein Ende bereitet werden. Grundsätzlich muss aber die Politik eine weitere Antwort auf die Konsequenzen des Urteils finden. Klarheit wurde nur im konkreten Fall geschaffen, viele andere mögliche Fälle und Situationen bleiben aber weiterhin ungeklärt.

Wir GRÜNE treten für ein System öffentlicher WLAN-Zugänge ein. Wir wollen die digitale Spaltung in unserer Gesellschaft überwinden. Der freie Zugang zum Internet gehört für uns zur öffentlichen Daseinsvorsorge, zur Grundversorgung der Bevölkerung. Dies ist im 21. Jahrhundert eine der zentralen Gerechtigkeitsfragen. Die digitale Teilhabe ist ein Bestandteil des sozialen Lebens und für Bildung und Arbeit unverzichtbar.“

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