Zeit für den grünen Wandel – Entwurf des grünen Bundestagswahlprogramms

Die einzelnen Kapitel werden als einzelne Anträge durch den Bundesvorstand eingebracht, weshalb die Zeilennummerierung nicht durchgehend ist. Nach der heute beginnenden breiten Programmdiskussion innerhalb der Gliederungen der Partei wird die Bundesdelegiertenkonferenz vom 26. bis 28. April 2013 in Berlin den Antrag diskutieren und darüber abstimmen. Änderungsanträge können bis zum 5. April gestellt werden. Infos zum Parteitag und wie Änderungsanträge zu stellen sind, findet ihr auf gruene.de www.gruene.de/partei/bdk-in-berlin.html

Nachdem wir Grüne 2009 in unserem Wahlprogramm als erste der im Bundestag vertretenen Parteien ein eigenes Kapitel zur Netzpolitik hatten, gehen wir diesmal noch einen Schritt weiter. Ihr werdet in vielen verschiedenen Kapiteln netzpolitische Forderungen finden, zu OER im Bildungsteil, zu digitaler Demokratie im Demokratie-Teil und natürlich zahlreiche Forderungen und Ideen im zentralen netzpolitischen Kapitel „Freies Netz für alle“.

Hier nun einige relevante Auszüge aus dem Programmentwurf zu Themen rund um die Netzpolitik, lest aber selber am besten das gesamte Programm und bildet euch eine Meinung!

BTW-B-01 Bundestagswahlprogramm – Teilhaben an guter Bildung

Open Education Ressources (Zeile 74)

Wir wollen die Digitalisierung im Bildungsbereich unterstützen um den Zugang zu Wissen zu fördern. Lehr- und Lernmaterial soll unter freien Lizenzen bereitgestellt werden, um Wissensmonopole aufzubrechen und die vielfältige Nutzbarkeit entsprechender Inhalte zu unterstützen. Maßgabe sollten die Standards zu Open Education Ressources sein.

BTW-N-01 Bundestagswahlprogramm – Freies Netz für alle

Breitbandausbau (Zeile 53)

Wir wollen allen Haushalten und Unternehmen den Zugang zu einem Breitbandanschluss im zweistelligen MBit-Bereich als Teil der Daseinsvorsorge über eine Universaldienstverpflichtung gewährleisten. Diesen Universaldienst wollen wir dynamisch gestalten, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten. Unser Ziel bleibt der Aufbau eines flächendeckenden Glasfasernetzes.

Open Source (Zeile 82)

Wie offen, frei und nachhaltig unsere Gesellschaft ist, spiegelt sich auch im Einsatz freier und offener Software wieder. Im öffentlichen Bereich muss sie bei gleicher Eignung den Vorrang genießen. Genauso müssen Softwareentwicklungen von Behörden stets den Quellcode freigeben, also Open-Source sein, damit alle von ihnen profitieren und sie einfach weiterentwickelt werden können. Zentral für eine solche Strategie ist die Verwendung offener Standards und Schnittstellen.

Fair und Green IT (Zeile 88)

Informationstechnologien sind schnellen und permanenten Änderungen unterworfen und ohne Rohstoffe aus anderen Ländern undenkbar herzustellen. Wir wollen darauf hinarbeiten, dass Produktion, Vertrieb, Nutzung und Entsorgung dieser Technologie unter gerechten und nachhaltigen Bedingungen stattfinden. Deshalb setzen wir uns für klare rechtliche Vorgaben ein, die Menschenrechtsstandards ebenso wie Energie- und Ressourceneffizienz verbindlich machen, und wollen die Wiederverwertung von wertvollen Rohstoffen so weit wie möglich steigern.

Netzneutralität (100)

Die Netzinfrastruktur soll allen gleichermaßen zur Verfügung stehen. Wir wollen kein Zwei-Klassen-Internet und daher den Grundsatz der Netzneutralität gesetzlich verankern. So stellen wir sicher, dass Daten im Internet ohne Benachteiligung oder Bevorzugung gleichberechtigt übertragen werden – ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Zieles, der Finanzkraft ihrer EmpfängerInnen oder AbsenderInnen, ihres Inhalts, verwendeter Anwendungen oder eingesetzter Geräte.

Internetfreiheit weltweit (Zeile 109)

Weltweit häufen sich – gerade in autoritären Staaten und Diktaturen – staatliche Eingriffe in die Internetfreiheit. Der Export von Know-how, Technik und Software zur Zensur und Überwachung des Internets in diese Länder muss ein Ende haben.

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Internet (Zeile 180)

Ein qualitativ hochwertiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss auch in der digitalen Welt eine wichtige Rolle spielen. Weil die Nutzerinnen und Nutzer zunehmend über das Internet Rundfunkangebote nutzen, müssen die Angebote der öffentlich-rechtlichen Anstalten dort auch dauerhaft präsent sein. Wir wollen deshalb die De-Publikationspflicht von ARD und ZDF beenden und stattdessen frei zugängliche und durch freie Lizenzen nutzbare Inhalte in digitalen Archiven, bei angemessener Vergütung der UrheberInnen, durchsetzen.

Verwertungsgesellschaften (Zeile 230)

Auch wenn nicht alle Verwertungsgesellschaften über einen Kamm zu scheren sind, wollen wir mehr gleichberechtigte Mitsprache sicherstellen. Die Verwertungsgesellschaften müssen gerechter, transparenter und demokratischer werden, wir werden dies rechtlich soweit möglich vorantreiben und unterstützen Initiativen wie auch die Verwertungsgesellschaften selber, diese Reformschritte zu gehen. Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft müssen alternative Lizenzmodelle wie „Creative Commons“ nutzen oder andere Geschäftsmodelle entwickeln können.

Transformatorische Nutzung (Zeile 242)

Durch den digitalen Wandel verschwimmen Grenzen. NutzerInnen können zu Kreativen werden und umgekehrt. Mit Remixes und MashUps werden kreative Inhalte weiterentwickelt und erneut verbreitet. Durch eine neue Schranke wollen wir nicht-kommerzielle Formen der transformatorischen Nutzung, die auf die Weiterentwicklung und Bearbeitung vorhandener Werke zielen, gesetzlich absichern.

Ende für das Abmahnungswesen (258)

Jährlich flattern hunderttausende Abmahnungen wegen der Zugänglichmachung geschützter Musiktitel oder Filme ins Haus, die teilweise nicht die Interessen der UrheberInnen, sondern die Profitinteressen von AnwältInnen bedienen. Dieses Abmahnunwesen wollen wir beenden und setzen uns für klare rechtliche Grenzen ein, ohne berechtigte Interesse der UrheberInnen unangemessen zu beschneiden. Wir wollen den Streitwert deutlich senken, den fliegenden Gerichtsstand beenden, Abmahnungen nur für Handlungen im geschäftlichen Verkehr zulassen, eine Kostenerstattung für die zahlreich zu Unrecht Abgemahnten einführen. Den Drittauskunftsanspruch gegenüber Privaten wollen wir auf den geschäftlichen Verkehr beschränken.

Wissenschaftsschranke (287)

Wir wollen eine umfassende Wissenschaftsschranke einführen. Die Nutzung publizierter Werke jedweder medialer Art sollte für den nicht gewerblichen, wissenschaftlichen Gebrauch grundsätzlich genehmigungsfrei und ohne Einschränkungen erlaubt sein.

BTW-D-01 Bundestagswahlprogramm – Demokratie erneuern

Transparenz (Zeile 156)

Informationen sollen nicht nur auf Anfrage herausgegeben werden, sondern staatliche Stellen sollen Dokumente, Analysen, Gutachten, Erhebungen oder Statistiken von sich aus als offene Daten mindestens über das Internet frei verfügbar machen. Wir wollen ein bundesweites Portal, in das Daten aus Bund, Ländern und Kommunen eingepflegt werden. Für alle staatlichen Veröffentlichungen, auch die von Parlamenten, fordern wir die Verwendung von freien Datenformaten und die entsprechende Auswahl von Nutzungslizenzen zur privaten wie zur kommerziellen Nutzung.

BTW-BÜ-01 Bundestagswahlprogramm – Bürgerrechte stärken

Vorratsdatenspeicherung (Zeile 37)

Sicherheit steht damit im Dienst der Freiheit und nicht umgekehrt. Eingriffsbefugnisse der Sicherheitsbehörden und Überwachungsmaßnahmen dürfen nicht selbst zu einer Bedrohung der Freiheit werden. Eine verpflichtende anlasslose Massenspeicherung von Telekommunikationsdaten wäre ein massiver Eingriff in die Grundrechte, zudem auch noch ineffektiv. Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um eine Wiedereinführung der vom Bundesverfassungsgericht gestoppten Vorratsdatenspeicherung zu verhindern.

Videoüberwachung (Zeile 47)

Die immer weiter ausufernde Videoüberwachung des öffentlichen Raums wollen wir eindämmen. BürgerInnen müssen in einem öffentlichen Register einsehen können, wo diese stattfindet. Zudem muss die Datenschutzaufsicht bei der Kontrolle staatlicher, wie privater Videoüberwachung ausgeweitet werden.

Datenschutz (Zeile 134)

Der Datenschutz gehört ausdrücklich ins Grundgesetz, das Datenschutzrecht muss komplett neu gestaltet werden. Auch Privatunternehmen müssen die Daten ihrer Kundschaft so schützen wie heute schon ihre Geschäftsgeheimnisse. Persönliche Daten dürfen im Geschäftsverkehr nur mit ausdrücklicher Zustimmung gespeichert und weitergegeben werden („Opt-In-Regelung“). Guter Datenschutz kann durchaus ein Geschäftsmodell sein. Wir wollen Datenschutz durch Technik („Privacy by Design“) und Datenschutz durch Voreinstellung („Privacy by Default“) voranbringen und daher auch ein geschütztes Gütesiegel einführen.

BTW-K-01 Bundestagswahlprogramm – Kunst und Kultur beflügeln

UrheberInnen stärken (Zeile 85)

Die digitale Gesellschaft ist Wirklichkeit und bietet zahlreiche auch neue Möglichkeiten für kulturelle Teilhabe und mehr kulturelle Vielfalt. Etablierte Kunstformen können sich im Internet weiterentwickeln und Neue entstehen. Wir wollen, dass künstlerische Leistung und kreative Arbeit als solche anerkannt und angemessen vergütet wird. Dies muss weiterhin Maßgabe bei der Reform und Modernisierung des Urheberrechts sein. Wir wollen UrheberInnen und NutzerInnen in ihren Rechten stärken und gleichzeitig Respekt und Vertrauen zwischen KünstlerInnen und NutzerInnen fördern. Deshalb setzen wir auf einen fairen Interessenausgleich. Mit der Reform des Urhebervertragsrechts stärken wir die UrheberInnen, denn sie sind heute oft in einer schwachen Verhandlungsposition gegenüber ihren GeschäftspartnerInnen. Wir wollen das Schlichtungsverfahren über Vergütungsregeln zwischen Kreativen und VerwerterInnen so gestalten, dass es am Ende zu einem für beide Seiten bindenden Ergebnis führt. Außerdem müssen Inhaberinnen von Nutzungsrechten die Kreativen darüber informieren, wie oft ihr Werk genutzt wurde und welche Erträge damit erwirtschaftet wurden. Denn nur wenn sie umfassend über die Nutzung ihrer Werke informiert sind, können UrheberInnen eine angemessene Vergütung aushandeln. Weiterhin muss dafür Sorge getragen werden, dass gefundene Vereinbarungen kontrolliert und im Streitfall auch durchgesetzt werden. Urheberpersönlichkeitsrechte müssen auch in der Zukunft gewahrt bleiben, damit UrheberInnen auch weiterhin über die Nutzung ihrer Inhalte selbst entscheiden können.

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