wäre ich da: Rede zur Drosseldemo am 16. Mai in Köln

Eigentlich würde ich gerne heute in Köln bei der Drosseldemo sprechen. Da ich auf meinen Sohn aufpasse, kommt dieses Redemanuskript. Diese Rede hätte ich gehalten, wäre ich in Köln gewesen.

Rede zur Drosseldemo am 16. Mai in Köln #drosselkom

Netzausbau statt Drosselung

Netzausbau statt Drosselung

von Malte Spitz

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Aktionäre der Deutschen Telekom,

wir demonstrieren hier heute vor der Hauptversammlung der Deutschen Telekom, weil uns ein freies Internet wichtig ist. Wir demonstrieren hier, weil uns die Pläne der Deutschen Telekom, das Ende der Netzneutralität einzuleiten, nicht nur mit großer Sorge erfüllen, sondern wir weitreichende Gefahren sehen. Der Telekom sagen wir klar und deutlich: Rücken Sie ab von ihren Plänen!

Der Plan der Telekom drosselt nicht nur die Geschwindigkeit der Internetzugänge, er drosselt auch die Entwicklung eines freien Internets und des freien Meinungsaustausches, und ist damit auch eine Gefahr für unsere Demokratie. Daher sagen wir klar und deutlich: Netzausbau statt Drosselung!

Die Einführung von Volumengrenzen ist das eine, das ist Ihre unternehmerische Entscheidung. Diese Entscheidung wird Telekom-Kunden nicht glücklich machen. Und es werden viele zu anderen Anbietern wechseln, die keine Volumengrenze haben oder höhere Volumen anbieten. Nach viermal Tatort und viermal Heute Show in HD im Monat wird gedrosselt, das geht nicht! Das werden Ihre Kunden niemals akzeptieren!

Aber: viel wichtiger ist an dieser Stelle jedoch die Ungleichbehandlung von Daten in den Plänen der Telekom. Da können Telekom-Manager noch so viel erzählen – von der Besonderheit von Entertain als regulierte Plattform. Fakt ist doch: Angebote, die über die Entertain-Plattform vertrieben werden, werden nicht bei der Volumengrenze mit angerechnet und damit auch nicht gedrosselt. Und in Entertain ist das Telekom eigene Angebot Videoload integriert und prominent im Programmmenü eingebettet. Genauso finden sich zahlreiche weitere Angebote wie Apps oder ausgewählte Radiosender auf der Entertain-Plattform. Hier wird nicht Gleiches wie Gleiches behandelt, hier werden managed services und die klare Bevorteilung dieser durchgesetzt. Das ist nicht fair, Telekom, das ist brandgefährlich. Denn damit will und wird die Deutsche Telekom die Netzneutralität abschaffen, und gegen diesen Plan werden wir heute und in Zukunft demonstrieren. Netzneutralität bedeutet, das Daten im Internet ohne Benachteiligung oder Bevorzugung gleichberechtigt übertragen werden – ungeachtet ihrer Herkunft, ihres Zieles, der Finanzkraft ihrer EmpfängerInnen oder AbsenderInnen, ihres Inhalts, verwendeter Anwendungen oder eingesetzter Geräte. Aktionärinnen und Aktionäre, machen Sie auf der Hauptversammlung deutlich, dass Sie als Aktionäre mit dieser Kurzsichtigkeit des Telekom Managements nicht einverstanden sind. Zeigen sie diesen Plänen die Rote Karte. Managed Services mögen kurzfristig höhere Umsätze und Gewinne bringen. Wenn die Telekom jedoch damit durchkommt, wird es Innovationen einschränken, wird es den Wettbewerb verhindern und es wird insgesamt die Attraktivität des Internets senken.

Das Vorhaben, kontrollierte Nutzungsumgebungen aufzubauen und diese prioritär beim Datendurchlass und der Datenanrechnung zu behandeln, ist kurzsichtig und wird letztendlich zum Scheitern verurteilt sein. Gleiches gilt auch für andere Medienplattformen wie von Apple oder auch von Google in Vorbereitung, die nach Belieben Inhalte zulassen und runter schmeißen. Ich bin davon überzeugt – die Entwicklung und die Zukunft des Internets hängt in erster Linie von seiner Offenheit ab. Das Einziehen künstlicher Zäune ist die falsche Strategie. Diese werden den digitalen Wandel behindern und sie werden Internetzugänge und die Internetnutzung unattraktiver machen. Und es gefährdet auch demokratische Grundsätze. Wer festlegt, welche Inhalte bevorzugt werden, und sich dieses auch noch bezahlen lässt, muss sich auch disem Vorwurf stellen.

Die Folgen für die Meinungsfreiheit und auch für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland sind eindeutig. Alternative Medienangebote werden nicht die finanziellen Mittel haben, sich den exklusiven Zugang auf die Entertain Plattform zu kaufen. Profitieren werden ausschließlich die etablierten Medienkonzerne, die es sich leisten können, in ihre Reichweite zu investieren. Die BILD wird vorkommen, die taz oder der Freitag werden wir vermissen. Genauso werden es sich etablierte Internetkonzerne leisten können, exklusiv als Soziales Netzwerk oder Videostreamingportal bei den Entertain KundInnen vertreten zu sein. Neue Angebote, Start-Ups oder Entwicklungen aus der Wissenschaft werden es hier deutlich schwerer haben. Dies wird auch den IT Standort Deutschland beeinträchtigen.

Die Deutsche Telekom hat fast immer noch 50% Marktanteil beim kabelgebundenen Breitbandinternetzugang. Wenn junge UnternehmerInnen hier erschwerten Markteintritt vermuten müssen oder sogar vorfinden, werden sie sich zweimal überlegen, ob sie in Deutschland neue internetbasierte Medienangebote aufbauen werden. Alles andere würde die Abhängigkeit von der Gunst der Deutschen Telekom bedeuten. Das alles schadet dem hiesigen Standort und es wird dem Ansehen der Deutschen Telekom schaden. Es darf kein Zwei-Klassen Internet geben. Wir streiten für die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität, wie auch der Plattformneutralität.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Aktionäre der Deutschen Telekom, es liegt jetzt an Ihnen. Machen sie Ihren Unmut über diese weitreichenden Tarifänderungen deutlich, Fordern sie Herrn Obermann auf, von seinem Vorhaben abzurücken. Herr Obermann verlässt zum Ende des Jahres den Konzern, sein jetzt angerichteter Schaden wird aber die Deutsche Telekom noch lange verfolgen. Rücken sie ab von den Plänen, die Netzneutralität aufzukündigen und managed services auszubauen. Streiten sie vielmehr für einen fairen Wettbewerb und für ein freies Internet. Streiten sie für einen ambitionierten Netzausbau und wehren Sie sich gegen die Telekomdrossel! Deutschland braucht eine zukunftsfähige Netzinfrastruktur, das werden weder LTE noch mit Vectoring aufpolierte Kupferleitungen bringen können. Dafür brauchen wir jetzt die Universaldienstverpflichtung für die Mindestversorgung und eine Glasfaserstrategie für ein zukunftsfestes ultraschnelles Internet. Streiten sie mit uns für eine politische Mehrheit, die den Netzausbau ernst nimmt und auf Zukunftstechnologien setzt.Für eine politische Mehrheit, die Bandbreite sicherstellt, statt sie weiter einzugrenzen. Daher muss es heute heißen: Netzausbau statt Drosselung!

Diese Rede als PDF.

Druckvorlage als PDF (6 MB) von Telekommt noch was an?

Teile diesen Inhalt: