Persönliche Erklärung

Liebe Freundinnen und Freunde,

 

wir haben am 22. September einiges abbekommen. Der Wahlausgang war eine herbe Niederlage. Aber was noch viel schlimmer wiegt: unsere Glaubwürdigkeit und unsere Wahrnehmung als progressive Kraft in diesem Land haben stark gelitten. Dies wieder wettzumachen, die grüne Erzählung in die Herzen und Köpfe der Menschen zurückzutragen, wird unsere Aufgabe in den kommenden Jahren sein.

Nach sieben Jahren spannender, lehrreicher und auch schöner Zeit habe ich mich entschieden, nicht erneut für den Grünen Bundesvorstand zu kandidieren. An dieser Stelle: Danke für euer Vertrauen und die Zusammenarbeit. Ich möchte jetzt einen halben Schritt nach hinten treten, mehr Zeit mit meiner Familie verbringen und meinem Sohn beim Entdecken der Welt zuschauen und unterstützen. Ich möchte mein Studium abschließen und auch mehr Zeit für mich haben, für Freizeit und die Möglichkeit, neue Gedanken reifen zu lassen. In unserem Grünen Männermanifest 2010 haben wir geschrieben „Männer, gebt Macht ab!“ und dies möchte ich jetzt stückweise tun.

Gleichzeitig will ich in unserer Partei weiter daran arbeiten, Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen und vor allem die Freiheit als Wert grüner Politik stärker zu verankern. Bevormundung, Verbote und erhobener Zeigefinger dürfen nicht länger die Begriffe sein, die den Wählerinnen und Wählern einfallen, wenn sie an Grün denken. Die Selbstbestimmung jedes einzelnen Menschen, die Wahrung unserer Menschenrechte und eine freie und offene Gesellschaft sind die Anliegen, die mich antreiben. Ich kandidiere für den Parteirat, um diese Motivation in die Parteiratsarbeit einfließen zu lassen. Ich will Sprachrohr für eine freiheitliche Netzpolitik, zukunftsfähige Medienpolitik, modernen Datenschutz und liberale Bürgerrechtspolitik sein. Die Enthüllungen der vergangenen Wochen haben gezeigt, der digitale Wandel läuft Gefahr, eine allumfassende Überwachung zu etablieren. Es kommt deshalb jetzt auf uns Grüne an, diese Kernschmelze des Rechtsstaats zu stoppen. Wir wollen den digitalen Wandel entlang unserer Werte Freiheit, Offenheit, Nachhaltigkeit und Teilhabe gestalten. Für diese Themen will ich weiterhin in unserer Partei streiten.

Nur ein breit aufgestellter Parteirat ist ein starker Parteirat: Ich will den Blickwinkel der nach 1980 geborenen Grünen einbringen, die sich so zahlreich in unserer Partei engagieren. Und ich will meine Erfahrungen aus der internationalen Koordination mit der Europäischen Grünen Partei und unseren Schwesterparteien in Europa beisteuern. Im kommenden Jahr mit Kommunalwahlen und Europawahl ist mir die enge Vernetzung besonders auch mit meiner Heimat NRW ein großes Anliegen.

Die Zusammenarbeit zwischen Bundesvorstand und Parteirat muss in Zukunft besser werden. Aufgabe des Parteirats muss es sein, die Ebenen und Entscheidungsstrukturen unserer Partei abzubilden und zu vernetzen, aber auch unsere Themenvielfalt widerzuspiegeln und in die Beratungen einfließen lassen. Mehr Austausch, mehr Debatte und mehr Vertrauen sind notwendig. Ich will meinen Teil dazu beitragen, dieses zu erreichen und mit meiner fachpolitischen Arbeit und meinen Erfahrungen den Parteirat bereichern. Dafür bitte ich um eure Unterstützung für meine Kandidatur.

 

Euer Malte

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  1. Hans-Jürgen Lutz

    Lieber Malte Spitz,
    ihr Engagement und Ihre Einstellung ist bemerkens- und bewundernswert. Aber wissen Sie in welcher Partei sie sind? Ich bin dieses Jahr als überzeugt liberal denkenden Mensch aus der FDP ausgetreten, da diese keine liberale Politik mehr betrieben haben, sondern den puren Kapitalismus. Ähnlich sehe ich das bei den Grünen, denen ich versehentlich bei der Landtagswahl meine Stimme gegeben habe. Die Grünen bestehen zu 60% aus linken und nur zu 40% aus Grünen, nur die Meinungsbildung innerhalb der Grünen wird zu 90% vom linken Flügel betrieben. Dafür gibt es in Deutschland eine eigene Partei. Wenn Sie es schaffen die Grünen wieder zu 80% mit grünen Inhalten zu versorgen, kann auch ich diese Partei wieder wählen.

    • Andreas

      Hallo lieber Malte,

      kurz ubd knapp: Meine erste BDK in Berlin hat mir gezeigt, dass ich tatsächlich in der richtigen Partei bin! Deine Rede zu Europa, bei der Du Deinen Kinderausweis dabei hattest, hat für mich den persönlichen Glanzpunkt gesetzt!

      Deine Aussagen decken sich mit meinen persönlichen Erfahrungen als Kurierfahrer: 1992 noch im Schnee 10 Stunden am Landstraßen-Grenzübergang Waidhaus im Schnee gestanden, heute ohne Unterbrechung in kürzester Zeit durchfahren nach Mohelnice.

      Herzlichen Dank für diese Rede, Deinen Einsatz und den Wahlkampf.

      Genieße die Zeit mit Deiner Familie und der halbe Schritt zurück wird hoffentlich ein großer Schritt für Dich persönlich nach vorne sein!

      Ich teile keineswegs die Analyse, dass wir Grüne selbst verschuldet haben, dass wir medial ausschließlich als Verbotspartei wahrgenommen wurden: In dem Zusammenhang stelle ich die Frage, wie wir mit offensichtlich feindseligen Medien umgehen können, die uns nach meiner Auffassung diesen Stempel systematisch und wider besseren Wissens aufgedrückt haben.

      Aus dem in Berlin sehr demokratisch herausgearbeiteten Superwahlprogramm wurde in der Berichtbestattung nur der Veggieday (Schwerpunkt im Antrtag war keineswegs ein Fleischverbot sondern der Tier- und Menscheschutz), Steuererhöhung und Pädophiliedebatte von vor 30 Jahren berichtet.

      Gerade auch unsere Europapolitischen Vorstellungen, die freizügiger und menschenfreundlicher kaum sein können, kamen wie so viele wichtige Themen faktisch medial nicht vor.

      Und wir haben nun nix Besseres zu tun, als dieses Wahlprogramm in die Tonne zu kloppen, weil wir es nicht kommunizieren konnten. Das ist nach meiner Auffassung der falsche Weg und führt garantiert nicht zu mehr Wählerzustimmung, sondern zur Unkenntlichmachung der Grünen. Wir werden nie die bessere CDU, nie die bessere SPD oder Linke. Wir haben immer genau geschaut, was in der politischen Debatte dem Menschen – und zwar allen, heute und in Zukunft – den größten Nutzen bringt (nicht das meiste Geld). Das war und ist unser Markenkern, der sich in unserem Wahlprogramm hervorragend spiegelt!

      Ich freue mich sehr auf Deine Rückkehr auf die bundespolitiscche Bühne, oder als Europapolitiker – vielleicht treffen wir uns dort ja mal…

      Nochmals Dank und alles Gute!

      Andreas